mir ist kalt. dann heiß. dann wieder kalt.
ich schwitze, zittere, schwitze, zittere und starre bloß auf die roten digitalen zahlen meines weckers, verfolge, wie sie immer größer werden, komme dem morgen mit jeder sekunde einen schritt näher. schließlich bleiben mir zwei winzige stunden, bis ich schweißgebadet aufwache. mein top klebt an meinem rücken, an meinem fett. jede kleinste speckrolle zeichnet sich ab und ich bin froh, dass ich mich selbst nicht von hinten sehen kann.
mein magen krampft und mir ist furchtbar schlecht, als ich eine halbe stunde später durch die eiskalte sporthalle laufe. mir wird schwindelig, immer wieder, doch ich weiß genau, wofür ich das alles tue, ich weiß es. ich weiß, dass das einzige, worauf ich den tag über hinarbeite, die zahl am nächsten morgen ist. die zahl, die über meinen selbstwert entscheidet, die zahl, die mir sagt, ob ich erfolgreich war oder nicht, ob es genügt hat. also laufe ich weiter, bleibe in bewegung, selbst, als sich ein unangenehmes stechen in meiner brust bemerkbar macht, als die luft immer knapper wird, meine lungenflügel zu platzen scheinen.
"selbst schuld!" ist der einzige gedanke in meinem sonst leeren kopf. ich weiß, dass es vom rauchen kommt. es sind wohl die ersten beschwerden, die ersten nebenwirkungen meines sonst so tollen lebens.
ich kämpfe mich durch den schultag, beteilige mich sogar am unterrichtsgeschehen, ich lächle sogar, obwohl es beinahe physisch weh tut.
ich betrete den raum mit allen anderen, setze mich auf den mir bekannten platz, unterhalte mich kurz mit meinen mitschülern. angst macht sich breit, panik, denn das ergebnis der pädagogik lk klausur steht an. diese ungewissheit, diese plötzlichen emotionen. es ist einfach zu viel. viel zu viel. ich muss laut lachen und gleichzeitig schießen mir tränen in die augen, die ich fast nicht aufhalten kann. ich fange an zu zittern. meine hände sind lila und eiskalt, während alle meine vorhandenen schweißdrüsen zu platzen scheinen. ich verschränke die arme vor meinem bauch, starre bloß den tisch vor mir an, versuche, die tränen zu unterdrücken.
"sollen wir mal kurz raus gehen? du setzt dich selbst viel zu sehr unter druck."
"nein. nein, das will ich nicht. ich will nicht so sein, wie vor einem jahr. ich will nicht wieder jede stunde den raum verlassen müssen."
ich will viel mehr. ich will zuhören können, aufpassen, konzentriert sein. mitarbeiten. leistungsträger sein. aber ich kann es nicht. und viel zu schnell bekomme ich viel zu wenig mit von dem, was um mich herum passiert. das scharfe kaugummi hilft, mich in der realen welt zu behalten.
"ich komm gar nicht klar. gar nicht."
"ohh, ist doch nicht so schlimm. mach dir keine sorgen, so schlecht kann es schon nicht gewesen sein. nicht weinen! willst du ein taschentuch?"
"ach quatsch, danke, geht schon."
der hefter liegt vor mir auf dem tisch. ich nehme ihn in die hand, betrachte den ersten bewertungsbogen. blättere um. sieben punkte. sieben. sieben. und trotzdem kann ich nicht aufhören zu zittern.
die lehrerin bespricht einzelne fehler mit den anderen, wandert durch den raum und bleibt schließlich an meinem tisch stehen. sie blickt mich an, aber ich kann ihre anwesenheit nicht ertragen. wieder schießen mir tränen in die augen.
"also eigentlich habe ich mehr von dir erwartet."
ich blicke sie an. kurz und doch zu lange. ich muss die augen schließen, drehe den kopf weg und packe bloß stumm meinen ordner ein.
ich habe auch mehr erwartet von mir selbst.
"aber das ist doch jetzt nicht wegen der klausur oder?"
ich schüttele bloß den kopf und endlich, endlich setzt sie sich in bewegung und beendet ihre runde durch den raum.
nein, es ist nicht wegen der klausur. sie ist bloß der tropfen, der das fass zum überlaufen bringt.
seit drei tagen bleibe ich unter 500kcal.
seit drei tagen habe ich keine FA gehabt oder erbrochen.
seit zwei tagen bin ich "clean". keine drogen.
und seit heute morgen melden sich alle unterdrückten, alle verdrängten, alle besiegten emotionen, gedanken und dämonen wieder.
schlafstörung, appetitverlust, konzentrationsprobleme.
selbsthass.
und vor allen dingen sinnlosigkeit.
der einzige grund, warum ich überhaupt all diese wochen, monate morgens aufgestanden bin, war das kiffen. das flüchten in eine andere welt, eine einfachere. was nun bleibt ist bloß das altbekannte.
die depression. die essstörung. der druck zum selbstverletzen.
was folgte war ein kurzes gespräch mit ihr. und morgen will sie mir einen termin nennen, weil sie gerne mit mir sprechen würde. ich weiß nicht, ob das so gut ist, denn ich habe zwar positive erfahrungen damit gemacht, doch die negativen waren weitaus einschneidender. wer schon lange mit liest, kann sich vielleicht noch an diesen post erinnern. das ist ebenfalls die besagte lehrerin.
sonstiges:
am 17.11. habe ich ein abschlussgespräch bei meiner (noch) therapeutin, bei der ich schon seit juni nicht mehr war und dann geht's auf die suche nach einer(/m) neuen.
ich vermisse dich sehr ....
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