ich erinnere mich

ab heute bin ich also offiziell wieder tochter eines verheirateten ehepaars.

die nächsten tage werden ebenso enden, wie der heutige: mein vater ist so besoffen, dass er nicht mehr laufen kann, meine mutter schreit ihn an. manchmal stundenlang. 

aber hey, die beiden sind verheiratet, sie müssen sich lieben. dass der alkohol damals der hauptgrund war, wieso sie sich überhaupt getrennt haben, ist vergangen und vergessen. aber ich erinnere mich daran. erinnere mich, wie er mit dem taxi zu uns kommt, in der dunkelheit, der kälte stundenlang vor der haustür sitzt; wie sich sich streiten, anschreien. ich erinnere mich, wie er mich im haus einsperrt und mich nicht nach draußen lässt, obwohl ich bloß zu meiner mutter möchte.

ich erinnere mich an jedes verschissene gelallte wort, das aus seinem mund dringt, erinnere mich an den ekelhaften alkoholgeruch, den bieratem, der mir aus seinem mund entgegen strömt. 

ich erinnere mich daran. an all das.

wieder einmal genau das gleiche. gefressen, gefressen, gefressen. zweimal gebrochen. einmal sogar, während die hochzeitsgäste noch anwesend waren. aber wen kümmert das schon. es hat keiner mitbekommen, das ist das einzige, was zählt.

ich plane drei kilo ein. drei kilo, die ich über die feiertage zunehmen werde, zunehmen muss. aber ich weiß, dass nach sylvester noch einige tage übrig sind, um diese auch wieder zu verlieren. und mehr. hoffentlich.

"dich kann man ja gar nicht richtig in den arm nehmen, so dünn bist du!"
"du siehst auch wirklich so aus, als ginge es dir gut!"
"nimm lieber die andere hose, die macht dich nicht noch dünner."

"du hast ja gar nichts an gewicht entgegen zu setzen! da kommst du gegen meine 76kg lebendgewicht nicht an!"
"alles muskeln."
"ja, was auch sonst...?"

bla bla bla. ich kann es nicht mehr hören! schaut euch die bilder doch an, analysiert sie! ich bin definitiv nicht zu dünn. mein derzeitiges gewicht ist ertragbar, auszuhalten, okay. lieber wäre mir weniger, aber ich muss die nächsten anderthalb jahre noch durchhalten. wenn ich jetzt zu früh, zu weit runter gehe, wie soll ich das dann alles noch schaffen? 

vielleicht sollte ich mir selbst erstmal die frage beantworten, ob ich es überhaupt noch schaffen will.