die englisch klausur war nicht so besonders gestern. ich konnte einfach nicht mehr und habe mich nach noch zwei stunden religion abgemeldet. chemie habe ich mir gespart, stattdessen lieber ins bett gelegt und geschlafen. ich war so müde, mir war so kalt.
morgen schreibe ich meine pädagogik klausur und wir beschäftigen uns mit dem psychischen apperat nach sigmund freud, den entwicklungsphasen nach anna freud, den abwehrmechanismen nach fromm und den psychosexuellen phasentheorien nach erikson.
mir ist in vor nicht allzulanger zeit aufgefallen, dass die bulimie vielleicht auch mit der fehlenden bewältigung der 1. psychosexualen phase (Ur-Vertrauen gegen Ur-Misstrauen, "Ich bin, was mir gegeben wird", mit den Grundmodalitäten "nehmen und gegeben bekommen"; vergleichlich mit der oralen Phase nach Anna Freud) und bin auf einen Textauszug gestoßen, der für mich persönlich sehr aufschlussreich ist. ich überlege auch, meine pädagogik lehrerin zu fragen, ob ich meine facharbeit über das thema bulimie auf dem hintergrund der psychoanalyse schreiben darf. ein riesiges thema, aber ungemein interessant. hier also ein paar grundlegende inhalte des textes zu diesem thema. wahrscheinlich ist das für euch nicht sonderlich interessant, außer, ihr interessiert euch für dieses thema. ich will es euch trotzdem nicht vorenthalten:
Die Bulimie und ihr Verhältnis zur Magersucht
[...]Unter den unzähligen Symptomen der "Angstneurose" zitiert auch Freud die "Freßanfälle", die häufig von Schwindelanfällen begleitet werden. Während die Bulimie zuvor mit der "Anoressia nervosa" oder der Hysterie in Zusammenhang gebracht worden war, findet sie nun, mit Freud, einen neuen Rahmen begrifflicher Bezugnahme. Karl Abraham (1925) und Therese Benedeck (1936) zählen später die Bulimie zu den "oralen Perversionen" mit zwanghaftem Charakter. Die Bulimie wird damit begrifflich in die Nähe der Drogensucht gerückt. Fenichel nennt sie daher auch "Sucht ohne Droge" (1945) [...]
Das ersehnte Schönheitsideal der letzten Jahrzehnte ist die Figur der abgemagerten Mannequins und Photomodelle, "die uns mit dem leeren Blick der Unterernährten oder dem erhabenen Ausdruck überlegener Kreaturen, die über das primitive Bedürfnis des Essens erhaben sind, aus den Zeitschriften entgegenstarren", schreiben die Autoren Arline und John Liggett. Dieses Ideal steht im Gegensatz zu dem Überfluß der Nahrungsmittel (im besonderen des Fleisches) und der schwindelerregenden Konsumsteigerung im allgemeinen. In den von Hungersnöten gepeinigten Ländern bringt eher Fettleibigkeit Prestige. Nach Joan Jacob Brumberg ist Nahrung eine Symbolsprache und ist Hunger die Stimme "junger Frauen, die nach einem Idiom suchen", indem sie durch Essensverweigerung etwas über sich selbst aussagen können. Was von der Anorektikerin im Grunde abgelehnt wird, ist der Mangelzustand. Sie sagt: "Mir fehlt nichts, also esse ich nichts." Die Bulimikerin hingegen lehnt die Fülle, die Überfüllung ab. Sie sagt: "Mir fehlt alles, also esse ich alles bzw. irgendwas." Nach dem Philosophen Jean Baudrillard beschwört die Anorektikerin den Mangel durch die Leere; die Bulimikerin beschwört dagegen die Fülle durch das Übermaß. Beides sind für ihn homöopathische Endlösungen, Vernichtungslösungen. Unsere westliche Kultur wird auf eine erschreckende Weise von anorektischen und bulimischen Frauen parodiert: eine Kultur des Ekels, der Austreibung, der Anthropoämie, des Wegwerfens.[...]
[...] Die heimlichen Nahrungsorgien selbst weisen auf die eigenartige Behandlung hin, die dem Körper der Bulimikerin vorbehalten bleibt: er wird versteckt, verleugnet, beiseitegeschafft, "gefangen" gehalten. Viele bulimische Frauen erleben sich als "Moglerinnen", und das Schamgefühl, das sie bei ihrem Versteck-Spiel empfinden, breitet sich wie ein Schatten über ihren menschlichen Beziehungen aus. Ihre Energie wird dafür verwendet, die makellose Fassade aufrechtzuerhalten. In ihrem tiefsten Inneren sind sie aber davon überzeugt, ein NICHTS zu sein, was zwangsläufig zu ständigem Überkompensieren führt (meist wird die Kleidung den Ekel vor dem Körper maskieren und überkompensieren). Hierauf fußt eine der Komponenten des Perfektionismus, der bei vielen bulimischen Frauen auffallend ist. Oft wird ein ermutigender Lebensrahmen durch die tägliche Ausübung eines Berufs (den viele erfolgreich ausüben) geschaffen; das "Berufs-Ich" wird zu einer Art völlig angepaßten "Hilfs-Ich"; wehe den Tages- und Wochenenden, wenn das beruhigende Schnurren des Hilfs-Ichs aufhört: die Ängste, die Abwesenheit der Wünsche, das Gefühl von Leere, Betrügerei und existentieller Sinnlosigkeit kommen gewaltsam zurück, und die wiederholten Eßanfälle müssen dann all diese Grübeleien ersticken.
Damit das bulimische Phänomen deutlich veranschaulicht wird, ist es wichtig, auf die Etymologie des Wortes "Bulimie" zurückzugreifen, da sie uns mit dem tierischen, unkontrollierten Aspekt des Freßanfalls konfrontiert. Das Wort "Bulimie" stammt aus dem Griechischen "boulimia" (limos = Hunger / bous = Ochs), "Ochsenhunger" wörtlich übersetzt. Dieser Ausdruck ist unerwartet passend, schließt er doch das stille Widerkäuen, die Leere der Zähmung und einen furchterregenden, ungestillten Hunger in sich. Es ist, als ob es in der Bulimie einen Tauschwert zwischen der aufgezehrten, gleich erbrochenen Nahrung und einer riesigen Menge Liebe, mit der die Betroffenen nicht umgehen können, gäbe, schreibt C. Balasc. Es kommt noch hinzu, daß der Ochse ein Tier ist, das bei den Griechen oft den Göttern geopfert wurde. Ist es dann so erstaunlich, daß Bulimikerinnen vielfach unter den Krankenschwestern, Krankengymnastinnen, Altenpflegerinnen, Lehrerinnen oder Sozialarbeiterinnen zu finden sind? Es ist auffällig, daß viele von ihnen in helfenden Berufen tätig sind. Nun können diese sogenannten "oralen" Berufe, die viel Selbstaufgabe mit sich bringen, ungemein frustrierend für junge Frauen werden, die schon zu Hause überfordert werden durch einen Haushalt, den sie meist allein führen, und eine Familie, deren Sorgen und Probleme sie auf sich laden. Anstatt ihr Leiden auszusprechen, schweigen sie und fressen ihre Enttäuschung und Wut in sich hinein. [...]
[...] Noch beunruhigender ist der impulsive Mißbrauch von Tabletten, Alkohol und Drogen, um alles zu vergessen, oder der unwiderstehliche Drang, irgendetwas zu stehlen (vor allem in den Kaufhäusern, aber auch aus der Handtasche der Mutter). Für viele Bulimikerinnen zählen nur Menschen, von denen sie etwas bekommen können: Geld, Nahrung, Worte, Zuneigung, Verfügbarkeit - all das erweckt ihre Begierde und ihr Begehren. Das bulimische Subjekt funktioniert also in einer Logik des Notwendigen und des Bedürfnisses, sich in einem Zustand des Bedürfnisses zu befinden: natürliches Bedürfnis im Fall der Anorexie, das durch die Weigerung seiner Befriedigung aufrechterhalten wird; oder erschaffenes, künstliches Bedürfnis im Fall der Bulimie (die Nahrung wird nicht gekostet und der Verzehr riesiger Nahrungsmengen anästhesiert den Geschmack). Gesucht wird der Zustand des Mangels, und was fehlt, ist gerade dieses toxische Objekt (Nahrungs-Objekt, Alkohol-Objekt, Drogen-Objekt, usw.). Es muß fehlen bzw. abwesend sein, damit dieser unbeschreibliche Mangel notwendigerweise als "Loch" genannt wird: ein Loch, das nur durch ein Objekt gestopft, abgedichtet werden kann. Und nur dieses Objekt kann Lust erzeugen. Außer dem toxischen Objekt gibt es NICHTS; der Andere wird in seinem Dasein verleugnet, indem er als Begehrender und Lustgebender gemieden wird. Das bulimische Subjekt identifiziert sich nicht mit einem anderen Menschen aus Fleisch, sondern mit einem Wesen des Windes, schreibt C. Balasc.[...]
Quelle: www.Magersucht.com (dort ist auch der ganze Artikel zu lesen, ich habe nur Auszüge zitiert)
leider viel zu wahr. ich muss jetzt noch weiter lernen, melde mich später wieder..
Finde das persönlich äußerst interessant. Bin selbst sehr interessiert an den meisten psychologischen Themen, insbesondere wenn ich mich damit identifizieren kann. Daher war auch dieser Textauszug lehrreich. Danke.
AntwortenLöschenich liebe dich so sehr!
AntwortenLöschenich wünschte, ich wäre bei dir!
ich wünschte, wir wären nicht essgestört und einfach nur glücklich mit uns selbst, aber leider geht das ja nicht von heute auf morgen! ich liebe dich!!! <3
wow, genial, tausend Dank, sowas hab ich gesucht.
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